Warum wurde 1518 in Straßburg zu Tode getanzt? Rave-Partys oder Totentänze als Symptome kollektiver Hysterie

Stich „Zu Tode tanzen“ von Hendrik Hondius, der von der „Tanzpest“ infizierte Frauen zeigt.

Totentanz: diese Formel war keineswegs ein einfacher Ausdruck, sondern wurde 1518 zu einer tragischen Realität. Die Leute begannen buchstäblich hektisch zu tanzen, bis sie tot zusammenbrachen. Diese merkwürdige Geschichte spielte sich in Straßburg ab, einer Stadt, die damals im Herzen des Heiligen Römischen Reiches lag.

Im Juli 1518 begann eine Frau namens Frau Toffea, seltsamerweise auf den Straßen der Stadt zu tanzen. Diese anekdotische Tatsache nahm schnell eine mysteriöse Wendung: Seine Choreografie wurde ansteckend.

Eine Person schließt sich ihr an. Dann zwei. Dann zehn. Insgesamt begannen Hunderte Straßburger mehrere Wochen lang ununterbrochen zu tanzen. Eine wahre Epidemie, bekannt als Veitstanz, die in einem noch immer geheimnisvollen Drama endete.

Eine tödliche Rave-Party 

Berichten aus dieser Zeit zufolge schienen die Tänzer – Frauen, Männer und sogar Kinder – in einer Art unkontrollierbarer Trance gefangen zu sein, die durch kein Eingreifen aufgehalten werden konnte. Der Legende nach sterben täglich bis zu fünfzehn Menschen an Müdigkeit, Dehydrierung oder Herzinfarkt. Ein Massaker.

Angesichts dieser seltsamen, tödlichen Rave-Party sind die örtlichen Behörden völlig hilflos. Es muss gesagt werden, dass sie sich nicht wirklich auf das medizinische Wissen der Zeit verlassen können. Ärzte kommen zu dem Schluss, dass diese Tanzepidemie durch übermäßige Hitze im Blut verursacht wird! Die Diagnose des Unwissenden.

Um dieses Ungleichgewicht zu beheben, wurde eine gelinde gesagt überraschende Lösung gefunden: Die Tänzer werden in einem speziellen Raum platziert, wo sie ihre frenetischen Bewegungen fortsetzen können. Bühnen werden aufgebaut, Musiker zur Begleitung rekrutiert und Zuschauer zum Mitmachen eingeladen. Wir behandeln das Böse mit dem Bösen und fördern die mittelalterliche Rave-Party. Das ist das Motto.

Dieser Versuch erwies sich als katastrophal. Die Epidemie lässt noch lange nicht nach, sondern nimmt zu und breitet sich wie ein tödliches Lauffeuer weiter aus. Bestürzt wandten sich die Behörden dann der Religion zu. Die Musiker wurden entlassen, die Bühnen abgebaut, die Tänzer auf eine Pilgerfahrt in die Nachbarstadt Saverne geschickt, um zu Sankt Veit, dem Schutzpatron der Menschen mit Bewegungsstörungen, zu beten. Nach sechs Wochen ließ das Phänomen langsam nach, bevor es ganz verschwand..

Medizinisches und historisches Rätsel

Warum begannen Menschenmassen zu tanzen, bis sie starben? Mehr als 500 Jahre später bleibt das Straßburger Tanzfieber für Forscher und Historiker ein unerklärliches Rätsel. Obwohl mehrere Theorien aufgestellt wurden, wurde keine einstimmig akzeptiert.

Die erste Hypothese basiert auf einer möglichen Vergiftung durch einen Pilz, Claviceps purpurea, der Roggen kontaminiert.

Dieser Pilz produziert halluzinogene Mykotoxine, die für Krämpfe, Krämpfe und Halluzinationen verantwortlich sind. Würden diese ausreichen, um eine Menschenmenge wochenlang zum frenetischen Tanzen zu bringen? Nichts ist weniger sicher. Andere sehen darin eher eine Manifestation eines ketzerischen Kults oder sogar einer dämonischen Besessenheit. Heute vertreten Forscher die Hypothese einer kollektiven Hysterie, die durch die psychische Zerbrechlichkeit der damaligen Straßburger Einwohner noch verstärkt wurde. Hungersnöte und aufeinanderfolgende Epidemien hatten die Bevölkerung stark belastet. Mit anderen Worten: Die Straßburger haben in diesem elenden Leben, in dem immer wieder Unglück kam, völlig den Verstand verloren. Ein echter Burnout.

Was wäre, wenn dieser Tanzrausch tatsächlich eine stille Revolte gewesen wäre? Diese ebenfalls vertretene Theorie legt nahe, dass es sich bei diesem Phänomen um eine Form des Protests, einen Flashmob, gehandelt haben könnte. Frauen, oft im Vordergrund der Tänzer, hätten diese Trance genutzt, um ihre unerträglichen Lebensbedingungen anzuprangern, einschließlich der ehelichen Tyrannei (das Mittelalter, das die höfische Liebe und den Minnegesang erfand, gilt nicht als eine Zeit, in der Männer und Frauen besonders egalitär waren). Eine Erklärung, die im Hypothesenstadium verbleibt.

Wir könnten auch den sklerotischen Feudalismus, die Verdorbenheit der mittelalterlichen Kirche mit der Inquisition, Hexenverbrennungen und die römische Verkommenheit hinzufügen, die den protestantischen Aufschwung provozierte. Wellen des Wahnsinns Ist unsere Zeit auch das Ende einer Ära, die zum Totentanz führt?

Wellen des Wahnsinns

Ist unsere Zeit auch das Ende einer Ära, die zum Totentanz führt? Ohne auf die beiden mörderischen Weltkriege des 20. Jahrhunderts zurückzukommen, auf die darauffolgenden Goldenen Zwanziger, dann auf den exzessiven Konsumerismus der 1950er/60er Jahre, und auf den absurden spielerischen politischen „Kinderkreuzzug“ vom Mai 1968 (in Frankreich und Deutschland, bis hin zu den Vereinigten Staaten und Japan), die einige berechtigte Forderungen stellten, aber keine demokratisch praktikable Lösung hatten, ohne das oder damit ist diese Frage berechtigt.  

Nach der fragilen, aber dauerhaften Stabilität des Kalten Krieges (Ost-West 1947-1990) und der Ruhezeit der Friedensdividenden, die vor allem in Europa (ab 1990 frei) und in den Vereinigten Staaten, den großen Gewinnern des Kalten Krieges, herrschten, traten Symptome eines kollektiven geistigen Ungleichgewichts auf, das sich in der Aufblähung der Wörter „Wut“ und „Hass“ als Motive für Aggression und Revolution bzw. Meuterei galten. Dazu gehört der radikale Umweltschutz, der von der autistischen Schwedin Greta Thunberg initiert wurde, und am Ende mit Automobilbrandanschlägen und Stadtrodeos, sowie mit dem Konsum harter Drogen und dem neo-ideologischen Antiliberalismus und Antikapitalismus gekrönt wurde. Auf diesem Substrat stieg der Trend zur Gewaltanwendung, Drogenkonsum und generell zur Kriminalität. Hinzu kam das globale Chaos, durch die Massaker und Erpressungen des islamistischen Terrorismus verschärft, durch den mörderischen Wahnsinn Putins verstärkt, gefördert durch China und durch kleine Tyrannen wie den Nordkoreaner Kim Jong-un.

Rückkehr der Hysterie? ¨

Treten wir erneut in eine Phase kollektiver Hysterie ein, die möglicherweise nicht nur durch ungezügeltes Geschlechtsleben und schlamm- und drogengetränkte Rave-Partys, wie am Ende der 1960er Jahre, sondern auch durch Plünderungen, Meutereien, Massaker, Zerstörungshybris und Bilderstürmerei befriedigt wird?

(Cl’Europe.15.12.2024)